Dienstag, 31. Juli 2018

Zuckerkuchen und Eierkranz


Legendär ist der Harzer Zuckerkuchen, in Varianten auch als Butter- oder Schmandkuchen bekannt. Letzterer wird in einem der alten Rezepte nicht ‒ wie mehrheitlich üblich ‒ mit Hefe gebacken, sondern aus einer Art Rührteig mit viel Schmand und noch mehr Zucker (innen drin und obenauf). Im Gegensatz zum Zuckerkuchen aus Hefeteig wäre diese köstliche Variante auch nach Tagen noch herrlich saftig - sofern nach Tagen noch etwas übrig geblieben sein sollte.

Schmalzgebackenes (insbesondere die Prilleken) und Eierkranz (siehe Foto oben) - der wie ein Brandteig anmutet, jedoch aus einer Art Pfannkuchenteig besteht und in speziellen Tonformen gebacken wird, sind typisches Harzer Backwerk. Schade, dass es nur wenige Bäckereien gibt, die diese Spezialitäten nach traditionellem Rezept noch anbieten. Vor diesem Hintergrund erfreulich sind dann Meldungen wie diese aus der Goslarschen Zeitung vom 15. Juni 2017:
... Zu den Gewinnern gehört auch der Harzer Eierkranz von der Bäckerei Brieske aus Seesen, der als traditionelles Harzer Produkt aus regionalen niedersächsischen Rohstoffen hergestellt wird…
Der Anlass war die Auszeichnung zum „Kulinarischen Botschafter Niedersachsens“ durch Ministerpräsident Stephan Weil. Möge diese Meldung auch allen anderen Bäckereien im Harz mit dem Eierkranz im Sortiment zu einer verstärkten Nachfrage verholfen haben.

Es folgen:
  • Die Harzer lieben Klümpe und Kartoffeln
  • Der Harz: Nichts für Suppenkasper
  • Der tierische Reichtum des Waldes - ehemals nur für Reiche
  • Der Harz: Ein Paradies für Freunde der deftigen Wurstspezialitäten
  • Eine Erfindung der Neuzeit: Das Blaubeerschmandschnitzel
  • Literaturtipps und passende Buchempfehlungen zum Thema
Bereits erschienen:

Dienstag, 24. Juli 2018

Kartoffeltorte mit sechzehn Eiern


Die traditionellen Harzer Gerichte zeugen von den in Kapitel 1 beschriebenen Gegensätzen von Arm und Reich. Gab es (fast) nichts, waren die Gerichte eher karg und zwangsläufig flexibel in den verwendeten Zutaten ‒ gab es reichlich, verschwanden auch schonmal sechzehn Eier in einem einzigen Kuchenteig. Überhaupt, der Kuchen: Offensichtlich waren Kartoffeln erschwinglicher und/oder leichter verfügbar als Getreide, denn viele Kuchenrezepte weisen Kartoffeln als Hauptzutat aus. Und wer einmal das Vergnügen hat, eine Kartoffeltorte (mit viel Eiern im Teig) zu probieren, wird kulinarisch sicher angenehm überrascht. Eier scheinen demnach auch nicht unbedingt Mangelware gewesen zu sein ‒ jedenfalls nicht in der Legephase der Hühner (wer weiß heute noch, dass Hühner im Winter natürlicherweise keine Eier legen?). Auch das leicht anzubauende und genügsame Knöterichgewächs Buchweizen kam an Stelle von echtem Getreide in der Harzer Küche zum Einsatz. Mit etwas Glück kann man in dem einen oder anderen Café im Harz auch heute noch ein Stück Buchweizentorte genießen.

Es folgen:
  • Zuckerkuchen und Eierkranz
  • Die Harzer lieben Klümpe und Kartoffeln
  • Der Harz: Nichts für Suppenkasper
  • Der tierische Reichtum des Waldes - ehemals nur für Reiche
  • Der Harz: Ein Paradies für Freunde der deftigen Wurstspezialitäten
  • Eine Erfindung der Neuzeit: Das Blaubeerschmandschnitzel
  • Literaturtipps und passende Buchempfehlungen zum Thema
Bereits erschienen:

Dienstag, 17. Juli 2018

Die traurige Geschichte vom Harzer Käse


Ein trauriges Kapitel im Buch der Harzer Spezialitäten ist der Harzer Käse (oft auch Harzer Roller genannt). Und dabei hätte es eine schöne Geschichte werden können ‒ wenn irgendjemand rechtzeitig daran gedacht hätte, den Sauermilchkäse auf EU-Ebene als Harzer Spezialität anerkennen zu lassen. Hat aber niemand ‒ und deshalb wurden alle Produktionsstätten im Harz nach und nach von einem Molkerei-Konzern aufgekauft und die Produktion des Käses schließlich nach Sachsen verlagert. Heute ‒ so ist zu hören ‒ wird der Käse in wenigen kleinen (Hobby-)Manufakturen im Harz hergestellt und in exklusiven Liebhaberkreisen verspeist.

Eine davon befindet sich im Vorharz, in Immenrode - wo die Begeisterung für den Harzer Käse so groß ist, dass wir dort die sehr interessante Geschichte dieses speziellen Käses nachlesen und einen vom NDR gedrehten Film dazu (erst herunterladen und dann) anschauen können. Was nicht weiter verwundert, denn Immenrode sieht sich sozusagen als "Wiege des Harzer Käses":
Man sollte es nicht für möglich halten, aber genauso war und ist es. Der berühmte Harzkäse entwickelt seine Geschichte und Herkunft nicht etwa im Oberharz oder aus den Ursprüngen des traditionellen Molkereiwesens in Harzer Landen, sondern einzig und allein in Immenrode.
Vielen Dank für die interessanten Geschichten, liebe Immenröder/innen und weiterhin gutes Gelingen beim "Käsebacken".

Es folgen:
  • Kartoffeltorte mit sechzehn Eiern
  • Zuckerkuchen und Eierkranz
  • Die Harzer lieben Klümpe und Kartoffeln
  • Der Harz: Nichts für Suppenkasper
  • Der tierische Reichtum des Waldes - ehemals nur für Reiche
  • Der Harz: Ein Paradies für Freunde der deftigen Wurstspezialitäten
  • Eine Erfindung der Neuzeit: Das Blaubeerschmandschnitzel
  • Literaturtipps und passende Buchempfehlungen zum Thema
Bereits erschienen:

Dienstag, 10. Juli 2018

Harzer Küche: Küche der Gegensätze


Fortsetzungsgeschichte in zehn Folgen...

Die traditionelle Harzer Küche gilt gemeinhin als deftig, das Attribut “Raffinesse” fällt einem in diesem Zusammenhang als erstes sicher nicht ein. Als Bergbauregion war der Harz immer auch auf Zuwanderung angewiesen, die Einflüsse durch Bergleute zum Beispiel aus Thüringen oder Nordhessen sind deshalb in vielen Gerichten bemerkbar. Wer sich die Freude gönnt, einmal tiefer in die Eigenheiten der Harzer Kulinarik einzutauchen, wird vielleicht Überraschendes entdecken und sich inspirieren lassen, Traditionelles mit Raffiniertem zu verbinden.

(1) Harzer Küche ‒ eine Küche der Gegensätze

Die ursprüngliche Harzer Küche war geprägt durch den allgegenwärtigen und immer wiederkehrenden Gegensatz von Arm und Reich ‒ arm und reich an Geld, an fruchtbarer Landschaft, an Schätzen der Natur.

Der Harz im engeren Sinne konnte seine (zum großen Teil schwerst arbeitende) Bevölkerung kaum ernähren ‒ der Wald mit all seinen Reichtümern diente zuallererst dem Bergbau und dann den Privilegierten mit Jagd- und Fischereirecht. Bergleuten wurde im Rahmen der “Bergfreiheit” ein beschränktes Jagdrecht auf Niederwild zugesprochen. Die einfache, eher arme Bevölkerung musste sich mit dem begnügen, was karge Gärten und Wildsammlungen von Beeren, Kräutern, Wurzeln, Pilzen und Früchten hergaben. Nahrhaftes und Energiereiches spendeten Hühner, Kuh oder Ziege ‒ die sich aber nicht jeder leisten konnte, da die Tiere im Winter schließlich gefüttert werden mussten. Und das Fangen von Singvögeln war für die ärmere Bevölkerung eher Nebenerwerb als Nahrungsquelle ‒ die Tiere landeten meist auf den Tellern der Betuchten.
Walderdbeeren aus Harzer Wäldern

Im Harz selbst war es kaum möglich, sich aus eigenem Anbau selbst zu versorgen ‒ die kargen Böden reichten höchstens für den Anbau von Kohl und Wurzelgemüsen. Kartoffeln, vielfältiges Gemüse oder Getreide kamen daher meist aus dem fruchtbaren Umland, mussten in den Harzregionen also erkauft werden. Das einzige, was scheinbar immer und für jeden vorhanden bzw. erschwinglich war, war Rindertalg (welches bis ins 18. Jahrhundert hinein auch als Brennstoff für die Beleuchtung und Grubenlampen verwendet wurde). Auch an Schweineschmalz herrschte offensichtlich kein Mangel. In den meisten Original-Rezepten kommen deshalb auch genau diese beiden Fette reichlich zum Einsatz.

Nun sind Schmalz und Talg heutzutage nicht die beliebtesten Fette in der Küche und die Zeiten, in denen die Bevölkerung Schwerstarbeit unter Tage oder im Wald verrichten musste, sind vorbei. Kein Wunder also, dass die traditionelle Harzer Küche in modernen Zeiten eher verschmäht wird und die in Schmalz gebackenen Prilleken dann durch moderne “Donuts” ersetzt werden ‒ ob diese in kulinarischer Hinsicht einen qualitativen Fortschritt bringen, sei dahingestellt. Dennoch lohnt ein Blick in die alten Kochbücher bzw. in die neuen Bücher mit alten Rezepten! Denn zum einen lernen wir daraus viel über unsere Traditionen, zum anderen helfen sie uns, den Blick für regionale und saisonale Schätze zu schärfen.

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Es folgen:
  • Die traurige Geschichte vom Harzer Käse
  • Kartoffeltorte mit sechzehn Eiern
  • Zuckerkuchen und Eierkranz
  • Die Harzer lieben Klümpe und Kartoffeln
  • Der Harz: Nichts für Suppenkasper
  • Der tierische Reichtum des Waldes - ehemals nur für Reiche
  • Der Harz: Ein Paradies für Freunde der deftigen Wurstspezialitäten
  • Eine Erfindung der Neuzeit: Das Blaubeerschmandschnitzel
  • Literaturtipps und passende Buchempfehlungen zum Thema